Positionspapier für mehrwertorientierte Dachflächennutzung

Neues Positionspapier IG Lebenszyklus Bau “Dachflächennutzung”

Unter der Leitung von GRÜNSTATTGRAU wurde das Positionspapier für mehrwertorientierte Dachflächennutzung verfasst – Ein Leitfaden für Entscheidungsträger:innen, Immobilienwirtschaft, Gemeinden.

Eine Zusammenfassung und Bereitstellung grundlegender Informationen und Daten für die mehrwertorientierte Systementscheidung bei einer Nutzungsänderung bzw. -erweiterung von bestehenden und neu erbauten Dachflächen. Ziel dieses Positionspapiers ist die Zusammenfassung und Bereitstellung grundlegender Informationen und Daten für die mehrwertorientierte Systementscheidung bei einer Nutzungsänderung bzw. -erweiterung von bestehenden und neu erbauten Dachflächen. Dazu legten 20 ExpertInnen ihr Wissen zusammen.

Dachflächen müssen mehrfach genutzt werden! Aber welche Kombination bringt den meisten Nutzen?


Das vorliegende Positionspapier ordnet die Varianten der Dachflächennutzung, basierend auf ihrem Potenzial der CO₂-Emissionsreduktion, ein und bewertet sie. Es soll außerdem aufgezeigt werden, dass verschiedene Arten von Nutzungen, wie u. a. Grün- und Solardächer nicht in Flächenkonkurrenz zueinanderstehen, sondern vielmehr eine Art Symbiose darstellen, deren Kombination den größten Mehrwert für Bewohner:innen und Natur hat.
Expert:innen aus den Bereichen Photovoltaik, Vegetationstechnik, Green Building, Wasserwirtschaft, Umweltmedizin, Public Health, und vielen mehr beteiligten sich am Verfassen des neuen Positionspapiers der IG Lebenszyklus Bau, „Dachflächennutzung“. GRÜNSTATTGRAU leitete die Arbeitsgruppe und bedankt sich bei der Erstellung des Leitfadens zur mehrorientierten Systementscheidung bei Nutzungsänderung von Dachflächen unter Betrachtung der CO2-Emissionen. Die Nutzung der Dachflächen kann viele Vorteile mit sich bringen, von der Energiegewinnung, Nutzung von Tageslicht über Solar- oder Windkraft bis zu Begrünung der Dachhaut, die wir hier kurz anführen: 

  • Energieproduktion durch Aufstellen von PV, Windkraft, Wärmepumpen oder dergleichen 
  • Energieeinsparungen durch zusätzliche Dämmwirkung und durch Kühlleistung mittels Verdunstung von Wasser
  • Rückhalt des anfallenden Regenwassers vor Ort  
  • Reduktion der Niederschlagsspitzen und eine Einsparung bei Abwassersteuer und Kanälen 
  • Reduktion von Oberflächentemperaturen  
  • Schutz der Dachabdichtungen und Erhöhung der Lebensdauer des Dachs 
  • Bindung von Staub und Luftschadstoffen  
  • Ertragssteigerung von darüber montierten Solar- und Photovoltaikanlagen  
  • Förderung der Biodiversität 
  • Bindung von CO₂  
  • Nutzung von Tageslicht durch Dachfenster 

Bei Betrachtung des Dachflächenpotentials für sowohl den Bereich der Gebäudebegrünung, als auch der Nutzung der Sonnenenergie, so kann man am Beispiel der Wiener Dachflächen eine Überlappung von dem Grün- und Solardachpotentialkataster erkennen, dass eine Mehrfachnutzung geeignet wäre. Diese Herangehensweise kann auch in anderen österreichischen Gemeinden und Städten angewandt werden. 

CO2 Einsparung durch Dachflächen-Einzelnutzung

 

Der CO₂-Einsparungseffekt bei Solarthermie wird über den Vergleich von erzeugter Wärme zum durchschnittlichen österreichischen Fernwärmemix berechnet, da dies in Österreich eine weit verbreitete Form der Gebäudeheizung darstellt. Die Differenz inkl. Vorkettenemissionen, also direkten und indirekten Emissionen, die entlang des Bereitstellungspfades der Solarthermie entstehen, wie z.B. durch Infrastruktur (Solarthermie-Anlage), beträgt 0,2022 kg CO₂e/kWh. Hochgerechnet auf das wirtschaftliche Potential ohne Fassaden entspricht die Substitution einer CO₂-Reduktion von 3.870.544 Tonnen CO₂e pro Jahr. Umgelegt auf den Quadratmeter Dachfläche beträgt der Faktor für den CO₂-Einsparungseffekt für Solarthermie in Österreich bei etwa 78 kg CO₂e pro m² und Jahr. 

Der CO₂-Einsparungseffekt der Photovoltaik wird über den Vergleich von erzeugtem Grün- zum durchschnittlichen österreichischen Energiemix berechnet. Die Differenz inkl. Vorkettenemissionen, also direkten und indirekten Emissionen, die entlang des Bereitstellungspfades des PV-Stroms entstehen, wie z.B. durch Infrastruktur (PV-Anlage), beträgt 0,2313 kg CO₂e/ kWh. Hochgerechnet auf das wirtschaftliche Potential ohne Fassaden, also 7,1 TWh, entspricht die Substitution einer CO₂-Reduktion von 1.642.230 Tonnen CO₂e pro Jahr. Umgelegt auf den Quadratmeter Dachfläche beträgt der Faktor für den CO₂-Einsparungseffekt von PV-Anlagen in Österreich bei etwa 33 kg CO₂e pro m² und Jahr.  

In Abhängigkeit der Biomasse können die begrünten Dächer unterschiedliche Mengen an CO₂ speichern. Neben der überirdischen Biomasse können außerdem das Wurzelwerk sowie das Substrat CO₂ aufnehmen und in Form von Kohlenstoff speichern. Ein extensives Gründach selbst bei der einfachsten Begrünungsform jährlich bis zu 10 kg Kohlendioxid pro m² Grünfläche binden. Bei Begrünungen muss jedoch auch der natürliche Verrottungsprozess berücksichtigt werden, bei dem CO₂ wieder freigesetzt wird. Hochgerechnet auf die von Fechner ermittelte Dachfläche Österreichs von 738 km², entspricht das CO₂-Reduktionspotential 885.600 Tonnen CO₂e pro Jahr bei einer optimalen Aufnahme von 1,2 kg/m² CO₂. 

Mehrfachnutzung und Klimaschutzpotential

 

Aufgrund der Synergie von Bauwerksbegrünung und Solartechnologien kann die Effizient und der Ertrag der vorhandenen Flächen weiter gesteigert werden. Hier ist ein Auszug aus Erkenntnissen zur Mehrfachnutzung: 

Durch Solargründächer Mehrertrag an Energie: Die Verdunstung der Pflanzen von 60-75 Prozent des jährlichen Gesamtniederschlags bringt eine zusätzliche Ertragssteigerung von darüber montierten Solar- und Photovoltaikanlagen bis zu 5 Prozent.   

Durch Dachbegrünung Kohlenstoffspeicherung: Eine C-Bindung extensiver Dachbegrünung über den Nutzungszeitraum von 50 Jahren beträgt bis 23,6 kgCO₂/m² 

Durch Dachbegrünung Abschwächung der Klimawandelauswirkungen – Kompensation von Versiegelungen: Rückhalt des jährlich anfallenden Regenwassers vor Ort bis zu 99 Prozent sowie Starkregenereignisse. Das führt zu einer Verringerung der Häufigkeit von Überlaufereignissen in der Mischwasserkanalisation, Erhöhung der Lebenserwartung von Rohren und anderer grauer Infrastruktur, Verringerung der Kosten für Erosionsschutz, Verringerung der Häufigkeit von Überschwemmungen. 

Durch Dachbegrünung Abschwächung der Klimawandelauswirkungen – Hitzereduktion: Durch die höhere Albedo (Reflexion der Sonneneinstrahlung) von Gründächern weisen diese im Vergleich zu Bitumen- und Kiesdächern eine um bis zu 25° geringere Oberflächentemperatur auf, wodurch sich die durchschnittliche Lufttemperatur um 0,2 bis max. 1,5°C reduziert. Damit wird Kühlleistung gespart und die Lebensdauer des Daches verlängert, da Temperaturen zwischen Nacht und Tag nicht extrem sind. 

Effekte auf Klima, Gesundheit und Wohlbefinden 

 

Aus Public-Health-Sicht bietet die Dachflächennutzung mit Begrünungen eine Vielzahl positiver Aspekte, die sich auf die Gesundheit der Bevölkerung auswirken können: 

  • Verbesserung der Luftqualität 
  • Lärmdämmung und Schallpegelminderung 
  • Ruheoase und „Cool Spot“ 
  • Verbesserung der biologischen Vielfalt 
  • Verbesserung des städtischen Mikroklimas 
  • Physische und mentale Gesundheit der Menschen wird verbessert 
  • Verbesserte Vermietbarkeit und Verkaufbarkeit von Immobilien und Einheiten 
  • Nutzung von Dachflächen in Bezug auf Ernährungssicherheit und Gemeinschaftsgärten 

Vorschläge zur Anpassung an die Klimakrise 

 

Zusammenfassend war auch die Anpassung an die Klimakrise ein bedeutender Faktor, denn die Dachflächennutzung kann einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz und zur Anpassung der Herausforderungen der Klimakrise leisten. Wichtig ist hierbei einerseits die Nutzung von Solarenergien aus erneuerbaren Energien, um den CO2-Ausstoß zu verringern, die Integration von Regenwassernutzungssystemen auf Dächern, um den Wasserverbrauch zu reduzieren, die Dachflächennutzung für Urban Farming und Gemeinschaftsgärten, um die Biodiversität zu fördern und Lebensräume für Wildtiere zu schaffen.  Abschließend ist ein weiterer wichtiger Aspekt die Sensibilisierung und Information der Bevölkerung über die Bedeutung der Dachflächennutzung im Kontext der Klimakrise. Denn durch Aufklärungsmaßnahmen, Bereitstellung von Förderungen, Schulungen und Informationskampagnen können Bürger:innen und gemeinnützige und private Organisationen ermutigt werden, ihre Dächer für nachhaltige Zwecke zu nutzen. 

Quelle:Mehrwertorientiere Dachflächennutzung – Positionspapier für mehrwertorientierte Dachflächennutzung im Bestand und Neubau (2023); S. Formanek, A. Dreisiebner, F. Egger, B. Fontana, R. Fritthum, D. Haluza, R. Hackstock, M. Jung, A. Klie, K. Löning, K. Reisinger, C. Riegler, S. Roithmair, S. Weissenböck; IG LEBENZYKLUS BAU;

Dezember 2023

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